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Eine Suche nach dem Paradies
Für die Menschen, die hier leben gibt es das noch, das Paradies, den Ort, der durch seine idealen Gegebenheiten und Voraussetzungen für ein der Natur zugewandtes Leben bietet. Ein Leben, das Menschen sich vorstellten, als sie sich Anfang der siebziger Jahre in Australien angesiedelt haben. Hier in Australien, am östlichsten Punkt des Landes, wo noch genug Regen fällt, um diese paradiesische Natur zu erhalten. Das liegt an den Border Ranges, dem sich über hunderte Kilometer erstreckenden Gebirgszug, der 1979 zum Nationalpark erklärt wurde. Ich habe deutsche Auswanderer besucht und porträtiert, die hier in Kommunen leben. Ein Leben, das aus der Distanz betrachtet, auch Entbehrungen beinhaltet; kein fließend warmes Wasser, Strom nur aus der Solaranlage, Komposttoiletten, selten einen Kühlschrank oder einen Fernseher. Fast altertümlich mag einem ein solcher Lebensentwurf vorkommen. Gerade in Zeiten, in denen Menschen ihr alternatives Selbst in parallelen Internetwelten erfinden und ausleben können, unverbindlich und auf Probe ein anderes Leben ausprobieren ohne den entscheidenden Schritt aus ihrer Alltäglichkeit machen zu müssen.
Dieses Leben ist als politisches Statement lesen, denn sie haben sich ganz bewusst für das „simple living“ entschieden um dem immer komplexer und komplizierter werdenden Leben in den Industrieländern eine eigene Lebensart entgegen zu setzen, autark zu sein und sich somit eine Unabhängigkeit der übrigen Gesellschaft gegenüber zu bewahren. Die Natur ist es, die die hier lebenden Menschen eint und ihnen innere Befriedigung und Erfüllung schafft. Die eigene Nahrung anzubauen und herzustellen, Regenwasser zu sammeln und alternative Energien zu nutzen ist eine Haltung, die auf einen großen Respekt vor dem Leben deutet. Das weist für mich eher auf eine ganzheitliche Weltansicht hin, als auf eine religiöse oder spirituelle Rückbesinnung, obwohl auch diese eine Rolle spielen mag. Ich glaube, es besteht eine Sehnsucht in vielen Menschen, die jenseits einer konsumorientierten Überflussgesellschaft liegt.
Der Wunsch nach einer, im eubiotischen Sinne gesteigerten Lebensqualität, fern von fremdbestimmten Alltagszwängen und der latenten Unzufriedenheit, die in einem Menschen dann entstehen kann, wenn er glaubt, Glück und Erfüllung durch den Erwerb und den Besitz von Dingen erlangen zu können.
Ein Auszug aus dem gleichnamigen Buch.